Jagdwesen - Berichte

Rotwild-Hegeschau Odenwald in Eberbach am 11. März 2023

Der Vorsitzende der Vereinigung der Rotwildjäger im Odenwald e.V, Dr. Wiese, begrüßte mit konzertanten Hörnerklängen die Anwesenden. In der Festhalle waren nicht alle Ränge besetzt, trotz der anzuerkennenden Präsentation von 151 Rotwildhäupter aus Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Als Behördenvertreter waren die Leiterin der unteren Jagdbehörde Miltenberg mit ihren beiden Jagdberatern anwesend. Die Behörde aus Bayern überzeugte sich vor Ort, was nach ihrem Abschussplanverfahren eigentlich als Ergebnis auch an den Tafeln hängt.

Die Bestandsstruktur zeige auf, so Wiese, welche Erkenntnisse auf Qualität und Quantität im Rotwildgebiet Odenwald zurückzuführen seien. Seinen Angaben zufolge waren für das Jagdjahr 2022/2023 868 Stücke Rotwild durch Behörden zur Bejagung freigegeben. Erfüllt wurden 74,3 %, das entspricht einer Anzahl von 645 erlegter Individuen jeden Geschlechts und Alter. Bei erlegtem Kahlwild lag die Erfüllungsquote mit 72,8 Prozent niedriger als bei erlegten männlichen Stücken mit 78,6 Prozent.

Wiese resümierte dieses Ergebnis auch hinsichtlich der Trockenheit. Zudem erschwerte seinen Einschätzungen zufolge, die stark ausgeprägte Eichelmast zusätzlich die Bejagung im Herbst und in den Winter hinein. Durchgeführte Drückjagden im Herbst verliefen unterschiedlich, sie verbesserten die Quoten nicht. Er lobte das Engagement der Revierverantwortlichen. Sie sorgten für stets aufgefüllte Wasserstellen über die trockene Zeit hinweg. Dennoch setzte der Hitzestress Rotwildkälbern und Frischlingen stark zu, so seine Einschätzung.

Für das anstehende Jagdjahr 2023/24 wurden für das amtliche Abschussplanverfahren wieder 863 Stücke Rotwild zur Bejagung im Rotwildgebiet Odenwald freigegeben. Auch die Freigabe von mehrjährigen Hirschen wurde an das Abschuss-Ist des Vorjahres verknüpft.

Wiese übergab nach einleitenden Sätzen dem Altersgutachter Ingo Walter das Wort. Dem Gutachterkollegium bleibt bei der Beschau von Unterkiefer und Geweih nichts verborgen. Das veranschaulichte Walter eindrücklich. Einige erlegte Geweihte wurden im Alter heruntergewertet und fanden sich nicht mehr in der Einser-Alterskasse, also vom 10. Kopf und älter, auf der langen Tafel. Sie hingen abseits. Manchem Erleger stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Im Gegensatz hierzu, war dem Erleger eines Hirsches vom 13. Kopf aus Dörnbach die Freude anzusehen. Dieser zurückgesetzte Hirsch fand auch Aufmerksamkeit beim Altersgutachter.

Walter machte deutlich, dass eine unabhängig wissenschaftliche Neubewertung bei Widersprüchen durch die Erleger abgewickelt würden. Dann aber seien die daraus resultierenden Erkenntnisse hinzunehmen, auch wenn die Altersschätzung an Lebensjahren noch geringer ausfiele. Dabei hätten die Altersgutachter in der Historie bei solcher Vorgehensweise zu Altersfeststellungen sehr gut abgeschnitten.

Walter bedauerte den Umstand der behördlich hessischen Lösung beim Schmalspießer-Abschuss. Es sei beängstigend, was da an der Tafel hinge. So auch sehr gut veranlagtes, junges männliches Wild.

Ein Glanzstück der Hegeschau war der Gastvortrag „Rotwild im Spannungsfeld des Waldumbaus“ durch Universitätsprofessor Dr. Sven Herzog. Herzog unterstrich die Feststellung, dass es unseren Wäldern schlecht gehe. Dabei sieht er die Ursache nicht allein im Klimawandel. Er ging auf die Rolle der Forstwirtschaft ein und stellte in den Raum, ob es wirklich zu viel Wild in unseren Wäldern gebe. Herzog hinterfragt alte Konzepte und Glaubenssätze im Naturschutz und plädiert für einen „Schutz durch Nutzung“. Er zeigte Wege zu intelligenten, nachhaltigen Konzepten auf, welche die gesellschaftlichen Bedürfnisse in Bezug auf Biodiversität, Klimaschutz und Erholung befriedigen. Ohne dass dabei die Nutzung des Holzes auf der Strecke bliebe.
Er verdeutlichte, dass Wildtiermanagement weit mehr ist als nur Jagd. Dabei stütze sich Herzog auf zahlreiche Studien sowie auf 25 Jahre wissenschaftliche Erfahrung in diesem Sachgebiet. Er hielte es auch für sehr aufschlussreich, eine Studie im Odenwald zu dieser komplexen Thematik zu begleiten.
Zum Ende seiner Ausführungen wurde dem Professor reichlich Applaus zuteil. Dr. Wiese und die Jagdhornbläser beendeten die Rotwildhegeschau 2023.

Michael Huber

 

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