Stress mit einfachen Mitteln abbauen

Stress mit einfachen Mitteln abbauen
Einfache Übungen können beim Stressabbau helfen, sagte Professor Martin-Niels Däfler (links) vor den Gästen aus dem Pflegenetz und animierte sie zum Mitmachen. Foto: Winfried Zang

Mehr Gelassenheit in Alltag und Beruf, das wünschen sich Viele. Stress im beruflichen oder familiären Leben abzubauen, fällt aber oft schwer. Dass dies mit einfachsten Mitteln möglich ist, zeigte Professor Martin-Niels Däfler rund 150 Pflegefachkräften im Elsenfelder Bürgerzentrum beim Pflegetalk.

Diese Veranstaltung des Pflegenetzes im Landkreis Miltenberg bringt Pflegefachkräfte zusammen, informiert sie und regt den fachlichen Austausch miteinander an. Im Mittelpunkt stehen stets praxisrelevante Themen aus dem Pflegealltag. Zum fünften Mal kam man nun am Mittwoch, 23. Oktober, zusammen und auch diesmal blickte man nach dem Ende in ausnahmslos zufriedene Gesichter.

Eröffnet wurde der Nachmittag durch Landrat Jens Marco Scherf, der die Veranstaltung immer besucht, wenn ihm sein Terminplan Zeit dafür lässt. Jeder Pflegetalk sei etwas Besonderes, sagte er und hatte vor allem die Veranstaltung in bester Erinnerung, als die bekannte Ordensschwester Liliane Juchli, Autorin des ersten deutschsprachigen Pflegelehrbuchs und Begründerin des Pflegemodells der Aktivitäten des täglichen Lebens, im Jahr 2018 über ihre Arbeit berichtete. Scherf freute sich über die vielen Gäste im Bürgerzentrum und zeigte seine Wertschätzung für alle, die in der Pflege arbeiten und hervorragende Arbeit leisten. „Ich danke Ihnen für die Leidenschaft und die Kraft, die Sie für die Pflege aufbringen“, sagte er und dankte allen, die an der Organisation der Veranstaltung beteiligt waren.

Für den Landtagsabgeordneten Thomas Zöller, seit November 2023 Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, ist der Mensch das Wichtigste in der Pflege. „Wir brauchen Sie alle“, wandte er sich an die Fachkräfte, „und zwar gesund.“ Alle müssten auch an sich selbst denken – sei es durch Sport, Lesen oder einfach nur Ausruhen. Man dürfe aber nicht außer Acht lassen, dass man auch die pflegenden Angehörigen im Auge behalten müsse. Es sei gut, dass es derzeit so viele Pflege- Auszubildende gebe, freute sich Zöller, aber viele Fachkräfte gingen demnächst in Ruhestand und auch die Zahl der Pflegebedürftigen nehme zu. Aus München brachte er die gute Nachricht mit, dass es nach einem positiven Beschluss des Kabinetts mit der Gesundheitsregion Plus weitergeht.

Nicole Meschkov (Gesundheitsregion Plus) leitete zum Referenten, Professor Martin-Niels Däfler, über. Der Professor, der an der FOM-Hochschule in Frankfurt am Main lehrt, hat sich auch als Buchautor, Referent und Trainer einen Namen gemacht. Für ihn steht fest: Gelassenheit lässt sich erlernen – wenn man regelmäßig übt. Dafür hat er einen „3x3- Flow“ entwickelt, der hilft, Stress zu reduzieren und innere Ruhe zu finden. Der Zeitaufwand dafür: weniger als zehn Minuten täglich.

Die Methode basiert auf 22 Modulen, die mit kurzen Übungen helfen können, Stress abzubauen. Gerade für Pflegefachkräfte hält Däfler die Stressminderung für wichtig, denn sie schauen ständig auf die Uhr, sind total durchgetaktet, ihr Beruf ist ein Knochenjob. Aber, so Däflers Botschaft: „Stress ist nichts, was passiert, sondern nur die Art und Weise, wie man darauf reagiert.“ An vielen Dingen könne man nichts ändern, an der Reaktion darauf aber schon. Der Wunsch, etwas zu ändern, sei da, es fehle aber häufig an der Kraft. Genau da setze sein Modell an. „Das ist kein reißerisches Marketingversprechen“, sagte er, es sei auch keine esoterische Methode. Er hat einen Gelassenheitsbaukasten entwickelt, in dem 22 Prinzipien versammelt sind, aus denen man sich drei passende heraussucht und mit kurzen Übungen eine „aktive Mikropause“ macht. Wenn das zur Routine wird, könne das hilfreich sein. Dazu gehöre beispielsweise bewusstes Atmen: Sich aufrecht hinstellen, Schultern entkrampfen, langsam und tief durch die Nase einatmen, dabei bis vier zählen. Dann Luft anhalten und bis sechs zählen, anschließend langsam durch den Mund ausatmen und bis acht zählen. Die Übung dreimal hintereinander machen und schon komme man zur Ruhe.

Sicht bei Frust oder Stress ablenken sei ebenfalls ein probates Mittel: Wenn möglich in einen anderen Raum gehen, fünf Sekunden lang den Mittelpunkt der Handinnenfläche der bevorzugten Hand mit dem Daumen der anderen Hand massieren. Sich auf das Gute zu fokussieren und das Positive zu suchen, riet Däfler. Weiterer Tipp: Sich nicht immer auf das Negative fokussieren, auch aus schlechten Dingen etwas Gutes herausziehen. Oft sehe man im Rückblick, dass etwas Schlechtes auch ein Glücksfall war. Sich in die Perspektive anderer Menschen hineinversetzen könne helfen, andere zu verstehen. „Seien Sie milder mit Menschen“, schlägt Däfler vor, denn man wisse nicht, was hinter dem Verhalten anderer Menschen steckt – Trennung, gesundheitliche Sorgen, Traumata verschiedener Art. Aber, schränkt der Professor, „manches Verhalten ist nicht zu tolerieren.“ Trotz Stress eine Minute zu lächeln, wische negative Gefühle weg und habe positive Wirkung auf andere Menschen. Dinge bewusst genießen, riet der Professor: Nicht in der Pause Essen hineinschlingen und dabei mit dem Smartphone spielen. Stattdessen daran denken, wie es sich anfühlen würde, wenn man das zum letzten Mal machen würde, schlug er vor.

Dem Professor gelang es, in lockerer und humorvoller Weise sein Publikum in den Bann zu ziehen und zu vermitteln, dass es eigentlich nur eine gewisse Routine braucht, um dem Stress die gelbe oder rote Karte zu zeigen. Dreimal täglich drei kurze, jeweils minutenlange und einfache Übungen – und schon kann man etwas für sich tun. Welche der 22 Übungen das sind, könne jeder für sich entscheiden. Er empfahl, sich mindestens acht Gesten und Übungen herauszusuchen und zu schauen, was für die jeweilige persönliche Situation am besten scheint. Langer Beifall am Ende des 90-minütigen Vortrags zeigte, dass Däfler mit seinen Vorschlägen einen Nerv getroffen hatte.

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