Seniorennetzwerk thematisiert Situation pflegender An- und Zugehöriger

Nach wie vor werden in Bayern die meisten Menschen mit Pflegebedarf zu Hause von Angehörigen und nichtverwandten Bezugspersonen betreut und gepflegt. Grund genug, sich deren Situation im Seniorennetzwerktreffen einmal genauer anzuschauen. Rund 40 Haupt- und Ehrenamtliche aus der Seniorenarbeit im Landkreis folgten am Mittwoch, 26. März, der Einladung von Christina Jung (Fachstelle Altenhilfeplanung am Landratsamt Miltenberg).
Sie waren an diesem Vormittag im großen Sitzungssaal des Landratsamts Miltenberg nicht nur Teilnehmende, sondern gleichzeitig Expertinnen und Experten in eigener Sache: als selbst privat oder beruflich Pflegende, als erste Ansprechpersonen in den Kommunen oder als Anbieter von Unterstützungsangeboten. Ihre Erfahrungen brachten sie bei einer gemeinsamen Fallarbeit ein. Anhand eines fiktiven Praxisbeispiels aus der Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige (BSA) wurde rasch deutlich, vor welchen Herausforderungen eine Familie steht, wenn ein Mitglied pflegebedürftig wird: Die Bedürfnisse dieser Person und die der Bezugspersonen sind nicht immer deckungsgleich. Familie, Beruf und Pflege zu kombinieren, bedarf einer großen Kompromissbereitschaft bei allen Beteiligten – auch auf Arbeitgeberseite – sowie eine gute Organisation. Knappe Ressourcen, etwa bei stationären Kurzzeit- und Dauerpflegeplätzen, bedeuten häufig Stress und eine große Anstrengung, bis ein Platz gefunden ist.
In der gemeinsamen Fallbesprechung wurde deutlich, dass der Status „pflegender Angehöriger“ nicht endet, wenn die Pflege im Pflegeheim stattfindet. Auch dann sind An- und Zugehörige gefordert: Klärung der rechtlichen Vertretung durch eine Vorsorgevollmacht oder rechtliche Betreuung, Organisation von ärztlicher und therapeutischer Versorgung und Begleitung zu Terminen außer Haus. Regelmäßige Absprachen mit dem Pflegeteam und in herausfordernden Situationen, beispielsweise bei Demenzerkrankungen oder einer Veränderung des Gesundheitszustandes, auch auf Zuruf schnell ins Pflegeheim zu kommen, sind notwendig. Hier ist eine verständnisvolle, offene Kommunikation aller Beteiligten dringend erforderlich.
Michael Wildemann, Franziska Hofmann und Diana Müller (BSA) zeigten anschaulich, welchen Beitrag die Beratungsstelle mit ihren Fachstellen leisten kann, um Familien und sonstige Bezugspersonen zu unterstützen: Information über Leistungen der Pflegeversicherung, Anpassung des Wohnraums, finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten, Beratung und Begleitung bei Entscheidungsprozessen über die Organisation der Pflege bis hin zur psychosozialen Begleitung in Belastungs- und Überforderungssituationen – um nur eine Auswahl zu nennen.
Carola Herrmann stellte ergänzend die Pflegeberatung der AOK vor. Dabei sei eine gute Netzwerkarbeit unerlässlich, sagte sie und informierte weiter über digitale Formate zur Erleichterung der Pflegeorganisation, Online-Pflegeschulungen und Reha-Möglichkeiten für pflegende Angehörige.
Am Ende des Vormittags waren sich die Teilnehmenden einig: Die Situation pflegender An- und Zugehöriger bleibt herausfordernd. Unterstützungs- und Entlastungsangebote sind unersetzlich und es gibt bereits vielfältige. Sie können jedoch nur greifen, wenn sie bekannt sind. Daher ist es wichtig, Informationen über den „bunten Strauß an Möglichkeiten“, wie Franziska Hofmann es bildlich ausdrückte, immer wieder an unterschiedlichsten Stellen zu platzieren und weiterzugeben. Schließlich gelte es, das jeweils Passende für Betroffene zu finden. Ziel ist es ebenfalls, bestehende Lücken zu schließen. So bietet die BSA ab April eine Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige an. Das erste Treffen findet am 8. April in Obernburg statt, um Anmeldung zur besseren Planung wird gebeten. Nähere Informationen finden Interessierte auf der Internetseite der BSA unter www.seniorenberatung-mil.de.