Odenwald-Landkreise wollen in den nächsten 25 Jahren viele Themen anpacken
Vor genau 25 Jahren, am 8. Mai 1998, haben die damaligen Landräte Roland Schwing, Horst Schnur und Detlef Piepenburg die Zusammenarbeit des Landkreises Miltenberg, Odenwaldkreis (Hessen) und dem Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg) in Form der Odenwald-Erklärung niedergelegt. Viele Themen sind immer noch aktuell, manche kamen dazu. Grund genug also, auf den Tag genau nach 25 Jahren die Odenwald-Erklärung weiterzuschreiben und die Weitsicht der Unterzeichner zu loben.
Bevor die Landräte Jens Marco Scherf (Miltenberg), Frank Matiaske (Odenwaldkreis) und Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis) am Montag, 8. Mai nahe des Dreiländersteins in Hesselbach die Erklärung unterzeichneten, gedachte eine kleine Gruppe dem 2017 verstorbenen Altlandrat Roland Schwing. Ihm zu Ehren hatte man in Hesselbach im Jahr 2018 einen Bergahorn gepflanzt, nebenan erinnert eine Stele mit Schwings Portrait an den viel zu früh verstorbenen Politiker. Neben Schwings Witwe Renate und Sohn Michael waren neben Frank Matiaske und Dr. Achim Brötel auch die ehemaligen Unterzeichner der Odenwald-Erklärung, Horst Schnur und Detlef Piepenburg sowie Schnurs Nachfolger Dietrich Kübler vor Ort.
Günther Oettinger, Stellvertreter des Landrats, erinnerte an Schwings maßgebliche Rolle bei der Formulierung der Odenwald-Erklärung, Schwing habe aber auch den Landkreis Miltenberg stark geprägt. Die Zusammenarbeit gerade mit den angrenzenden Landkreisen sei Schwing immer ein großes Anliegen gewesen, sagte Oettinger und würdigte den unermüdlichen Einsatz Schwings. Er legte ein Blumengebinde am Erinnerungsbaum ab, der sich in den letzten fünf Jahren prächtig entwickelt hat – und symbolisch auch für die länderübergreifende Zusammenarbeit steht, die in Schwings Sinn fortgeführt wird.
Nahe des Dreiländer-Grenzsteins, wo die Odenwald-Erklärung einst unterzeichnet wurde, stießen auch Landrat Jens Marco Scherf mit Bayerns stellvertretendem Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger sowie Uwe Becker, Staatsekretär für Europaangelegenheiten in der Hessischen Staatskanzlei, und Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, zu den Versammelten. Auch die Ex-Landräte Horst Schnur, Detlef Piepenburg und Dietrich Kübler waren gekommen. Nach der musikalischen Eröffnung durch die Bläsergruppe des BJV Obernburg begrüßte Odenwald-Landrat Frank Matiaske darüber hinaus Vertreter des hessischen Landtags, der Regierung von Unterfranken, die Bürgermeister der angrenzenden Kommunen Peter Schmitt (Amorbach), Stefan Schwab (Kirchzell) und Christian Kehrer (Oberzent) wie auch Fürst Andreas zu Leiningen mit Gattin Alexandra und weitere Gäste.
Neckar-Odenwald-Landrat Dr. Achim Brötel ging auf die Odenwald-Erklärung ein, die am 8. Mai 1998 am Dreiländerstein unterzeichnet worden war. Die Erklärung habe die Kooperation der Kreise auf eine neue Grundlage gestellt und „eine institutionalisierte Form der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“ begründet, die man als beispielhaft bezeichnen könne. Tatsache sei Brötel zufolge, dass das Papier „definitiv kein totes Papier geblieben ist, sondern sehr schnell mit ganz viel Leben erfüllt wurde.“ 1998 habe man von einem Regionaldialog gesprochen, daraus sei aber eine echte Regionalentwicklung geworden, stellte er fest und verwies auf viele Ideen, die man noch gemeinsam umsetzen wolle. Die zentrale Rolle komme dabei dem Tourismus zu. Urlauber differenzierten schließlich nicht nach hessischem, bayerischen oder badischem Odenwald, wusste Brötel – es gehe hier nur um den Odenwald. Drei-Länder-Radweg mit Drei-Länder-Radtour, Infrastrukturprojekte wie der Ausbau der Straße zwischen Buch und Mudau, die Entwicklung des Busverkehrs, die Zusammenarbeit der Feuerwehren und vieles mehr zeigten, wie wichtig diese Erklärung nach wie vor sei. Neue Themen seien in der aktuellen Version der Odenwald-Erklärung dazugekommen, verwies Brötel beispielhaft auf die Energiewende, die digitale Infrastruktur, Anstrengungen zur Sicherung der Gesundheitsversorgung, die Weiterentwicklung attraktiver Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen, Bildung und Weiterbildung, ein grenzüberschreitendes Mobilitätskonzept sowie den Natur- und Umweltschutz.
Dass die Bundesländer hinter der grenzüberschreitenden Kooperation stehen, machten alle drei Gastredner deutlich. „Das Ganze im Blick haben, mit den Nachbarn zusammenarbeiten und gemeinsam erfolgreich sein“, das sei laut dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger gelebtes Engagement in den drei Odenwald-Landkreisen. Die bayerische Staatsregierung unterstütze die Region – etwa mit 26,5 Millionen Euro an Regionalförderung in den vergangenen zehn Jahren. Die vielen geplanten Projekte und die Erneuerung der Erklärung seien die Grundlage dafür, dass die Odenwald-Landkreise auch in Zukunft eine sehr dynamische Entwicklung nehmen werden, zeigte sich Aiwanger überzeugt. Vor allem im Tourismus sah er noch viel Potenzial. Denn „wir müssen für einen Urlaub nicht ans andere Ende der Welt fahren“, zeigte er sich überzeugt. Wichtig sei darüber hinaus, dass auch Mobilität und Gesundheitsversorgung auf dem Land stimmen müssten, sagte er und freute sich, dass der ländliche Raum seit der Corona-Pandemie wieder neu entdeckt wird – vor allem von jungen Familien.
Uwe Becker, Staatsekretär für Europaangelegenheiten in der Hessischen Staatskanzlei, charakterisierte die Odenwald-Erklärung vor 25 Jahren als „Erfolgsgeschichte“, die bis heute vom Geist des gemeinsamen Verständnisses getragen werde. Hier im Odenwald sei „ein praktischer Geist am Wirken.“ Auch wenn viel geschafft wurde, so sei dennoch in den nächsten 25 Jahre noch viel zu tun, glaubte Becker. Der Entschluss zur Odenwald-Erklärung sei damals klug und weise sowie ein Ausdruck vorausschauenden Handelns gewesen. Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, stieß ins gleiche Horn. Für ihn ist und bleibt die Odenwald-Erklärung ein „Leuchtturmprojekt“, das mit Themen wie Mobilität, Grund- und Nahversorgung, Bildung und Ausbildung sowie weiteren Aspekten den Anspruch des „neuen Denkens“ lebt und für ein neues Miteinander steht. Hier werde etwas umgesetzt, was ihm sehr gefalle, sagte Rapp: „Sich auf eigene Füße stellen und nicht gleich nach dem Staat rufen.“ Alle drei Ehrengäste trugen sich anschließend in das Goldene Buch ein.
Nach dem Schlusswort von Landrat Jens Marco Scherf, der allen an der Umsetzung der Erklärung und der Organisation der Veranstaltung Beteiligten dankte, unterzeichneten er und seine Landratskollegen Dr. Achim Brötel und Frank Matiaske die neue Odenwald-Erklärung. Diese thematisiert auf vier Seiten Aspekte rund um die Themen Mobilität, Tourismus, nachhaltige Entwicklung des Raums und Steigerung der Attraktivität, Bildung und Weiterbildung sowie den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Infrastruktur. Sie schließt mit den Sätzen „Wir schätzen die hohe Lebensqualität unserer Heimat und arbeiten Tag für Tag an ihrer Weiterentwicklung. Den Odenwald als lebens- und liebenswerte Region mit einer hohen Wohn-, Arbeits- und Lebensqualität zu erhalten und zu fördern, ist unsere Vision und unser gemeinsamer Auftrag.“