Julius-Echter-Gymnasium mit Europa-Urkunde ausgezeichnet

Hektik in der Aula des Julius-Echter-Gymnasiums (JEG). Noch 30 Minuten bis zum Beginn. Letzte Proben, letzte Absprachen, letzte Veränderungen der Sitzordnung. Das Rednerpult wird mit Immergrün und Europaflaggen geschmückt. Der Ehrengast steckt noch im Stau: Kommt er rechtzeitig?

Doch dann setzt die Musik ein: Tuana Yilmaz, begleitet von Jonas Fersch am Klavier und Sebastian Tausch (Gitarre), gelingt es mit ihrer beeindruckenden Stimme, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Großer Applaus. Es ist 10.30 Uhr am 10. November, und das lang geplante und erwartete Ereignis kann nun beginnen: Der Festakt zur Verleihung der Europa-Urkunde an das JEG Elsenfeld.
Schulleiterin Petra Hein ließ es sich nicht nehmen, die zahlreich erschienen Ehrengäste zu begrüßen, nämlich Dr. Robert Christoph, Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in Unterfranken, Günther Oettinger als Stellvertreter des Landrats, Elsenfelds Bürgermeister Kai Hohmann, Georg Fath von der Europa-Union Aschaffenburg, Joachim Oberle vom Freundeskreis der Schule sowie Vertreter des Elternbeirats.

Am JEG ist die Begeisterung für Europa groß, wie diese Schülerinnen und Schüler mit Europafahnen zeigen. Foto: JEG

Besonders freute sie sich über die Anwesenheit des – doch noch dem Stau entronnenen – Regierungspräsidenten von Unterfranken, Dr. Eugen Ehmann, der die Europaurkunde in Vertretung des neuen Europaministers Eric Beißwenger überreichen würde. Ihr Dank galt, neben allen Mitwirkenden aus den Reihen der Schulfamilie, den beiden Lehrkräften Stefan Carolan und Marcel Giloj, gleichsam den Gründervätern der Europa-AG, deren herausragendes Engagement rund um Europa durch diese Auszeichnung gewürdigt werde.

Anschließend schnappte sich die Schulleiterin das Mikro und steuerte direkt auf die Schülerinnen und Schülern zu, um „Tabu“ zu spielen: Wie würden sie den Begriff Europa erklären? Nach anfänglichem Zögern kamen recht schnell gute Beiträge, etwa „Garant für Frieden in Europa“ oder schlicht „unser Kontinent“. Letztere Antwort bildete den Aufhänger für Heins weitere Ausführungen. Sie verwies auf die geografische, historische, kulturelle und institutionelle Einheit Europas. Und als ob es von vornherein ausgemacht gewesen wäre, fanden sich diese vier Aspekte auch im anspruchsvollen Programm des Festakts wieder.

Danach überbrachte Günther Oettinger die Glückwünsche des Landrats. Er verwies darauf, dass es die EU geschafft habe, nach zwei verheerenden Weltkriegen für Frieden und Sicherheit zu sorgen: „Aus Feinden wurden Freunde.“ Gerade mit Blick auf die aktuellen grausamen Kriege in der Ukraine und Nahost sei das ein nicht zu unterschätzendes Gut.

Eine Urkunde, eine Plakette und einen extragroßen Scheck bekam die Schulfamilie des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld für das herausragende Engagement zur Förderung des europäischen Gedankens. Foto: JEG

Mit einer verblüffenden Parallele begann Dr. Robert Christoph seine Ansprache. Auch er sei einmal Schüler des JEG gewesen, freilich nicht des hiesigen, sondern des Josef-Effner-Gymnasiums in Dachau, mit dem man sich dasselbe Kürzel teile. Als Lehrer für Italienisch sind für ihn vor allem die internationalen Begegnungen das, was Europa ereichert. In Anspielung auf den Namensgeber der Schule, den Würzburger Fürstbischof Julius Echter, hob Christoph hervor, dass das JEG eine bunte Schule sei, auf welche die Schülerinnen und Schüler stolz sein könnten. Das hätte zwar dem auf konfessionelle
Homogenität bedachten Fürstbischof wohl nicht gefallen, aber genau darin bestünde die Zukunft Europas, nämlich in der Einheit durch Vielfalt, so Christoph.

Quirlig, bunt und mit viel Elan performten die Mädchen der Klasse 5 D dann ihren extra zu diesem Anlass choreographierten Tanz, einstudiert von Sportlehrerin Daniela Racek. Mit wirbelnden Europafähnchen animierten sie das Publikum zu lebhaftem Beifall.

Die Präsentation des Europaprofils durch die Juniorbotschafterinnen des Europäischen Parlaments, Melina Kroth, Victoria Noß und Angelina Treptau, machte anschaulich, weshalb das JEG die Auszeichnung mit der Europa-Urkunde wahrlich verdient hat. Vielfältig, kreativ und immer die EU im Fokus, das ist der gemeinsame Nenner des Engagements. Eine Kostprobe davon erhielt das Publikum gleich mit, denn bei dem von der Europa-AG veranstalteten Europatag für Grundschüler sollte erraten werden, wie der Hahn jeweils in verschiedenen europäischen Landessprachen kräht: Diese Aufgabe wurde von den Schülerinnen und Schülern in der Aula ebenfalls souverän gemeistert.

Aber nicht nur die EU-AG sorgt an der Schule für die Festigung eines europäischen Bewusstseins: Eine ebenso große Rolle spielen die Schüleraustausche mit Barbate in Spanien und Pierre-en-Auge in Frankreich, die von Lea Bachmann, Julia Wölfelschneider, Sophie Hein und Laura Fries vorgestellt wurden. Denn wer Europa verstehen will, muss sich auch innerhalb Europas verständigen können. Dabei ist es von Vorteil, dass das Gymnasium in den erlesenen Kreis der Schulen aufgenommen wurde, die eine Förderung durch das Programm „Erasmus+“ erhalten.

„Laudatio bedeutet Lob, und dieses Lob geht an euch“, so Regierungspräsident Dr. Ehmann zu Beginn seiner Festrede. Als unverhoffter Ehrengast aus Würzburg habe er dennoch gerne die Aufgabe übernommen, an Stelle der eigentlich vorgesehenen, mittlerweile aus dem Amt geschiedenen Ministerin Huml die Verleihung vorzunehmen. Das, was Europa ausmache, finde er in beeindruckender Weise an dieser Schule repräsentiert. Besonders angetan haben es dem Regierungspräsidenten die Präsentationen der verschiedenen AGs: „Die waren wirklich vom Feinsten“, so sein aufrichtiges Lob. Seit 2022 ist das JEG nun Botschafterschule des Europäischen Parlaments und habe Beeindruckendes geleistet. Dies sei das Verdienst der Mitglieder der EU-AG, „und mir als Externen ist es bestimmt gestattet, für diese AG Werbung zu machen“, so Ehmann augenzwinkernd. Diese Erfolgsgeschichte muss weitergetragen, der europäische Wertekanon immer wieder aufs Neue erkämpft werden. Allerdings nicht kriegerisch, sondern im Austausch von Ideen, Menschen und Lebensentwürfen. Den Optimismus, dass dies gelingen werde, schöpft er von den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften des JEG, die gemeinsam vorleben, was Europa bedeutet. „Bleiben Sie weiter kreativ!“, so sein abschließender Appell.

Mit dem Höhepunkt der Veranstaltung, der Übergabe von Urkunde, Plakette und einem extragroßen Scheck, die Anna Aigner von der Bayerischen Staatskanzlei aus München mitgebracht hatte, klang der Festakt, wie sollte es anders sein, mit der Europahymne, dargeboten vom Bläserensemble des JEG, feierlich aus. Einträchtig stand das Publikum und lauschte. Mehr als nur ein Hauch von Europa lag in der Luft.

Wie des Öfteren von verschiedenen Rednern erwähnt, ist ein Kennzeichen Europas seine kulinarische Vielfalt. Dementsprechend schloss sich an die Verleihung der Europa-Urkunde ein kleiner Empfang an. Vermutlich hatten die Gäste vollstes Verständnis dafür, dass sich diese Vielfalt nicht in einem mit europäischen Spezialitäten opulent bestückten Büfett widerspiegelte. Stattdessen fließt das Preisgeld in die Realisierung weiterer Schulprojekte der Europa-AG. Sicherlich eine lohnendere Investition – oder?

Thum

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