Jugendamtshaushalt wird Zuschuss von 10,3 Millionen Euro benötigen

Foto: Winfried Zang

Nach einem Zuschussbedarf von 9.404.940 Euro im Jahr 2022 wird der Haushalt für das Sachgebiet Kinder, Jugend und Familie im Haushaltsjahr 2023 10.267.650 Euro betragen. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises empfahl in seiner Sitzung am Dienstag, 2. Mai, dem Kreistag einstimmig, den dieser Summe zugrundeliegenden Haushaltsentwurf in den Landkreishaushalt 2023 einzustellen.

Dass der Zuschussbedarf gegenüber dem Vorjahresergebnis um neun Prozent steigen wird, konnte den Ausschuss nicht überraschen, denn die Fallzahlen steigen seit Jahren. Beim Haushalt dieses Sachgebiets muss man allerdings berücksichtigen, dass Fallzahlen kaum zu prognostizieren sind und Ausreißer nach unten oder oben stets möglich sind. Der Jugendamtsleiter plant für das laufende Jahr mit Ausgaben von 13.130.700 Euro und Einnahmen von 2.863.050 Euro, die im Ergebnis den oben genannten Zuschussbedarf ergeben. Dass 2023 Mehrausgaben von 1.194.550 Euro anfallen, ist in der Hauptsache einigen wenigen Posten geschuldet, die deutliche Steigerungen aufweisen.

So fällt beispielsweise alleine in der Haushaltsposition „Hilfen zur Erziehung“ ein Mehraufwand von rund einer Million Euro an. Alleine den stark gestiegenen Bedarf für die Heimerziehung und sonstige Wohnformen bezifferte Rätz auf zusätzliche 520.000 Euro gegenüber dem Vorjahr, dazu kommen 485.000 Euro mehr für die Erziehung in den heilpädagogischen Tagesgruppen. Einen Mehraufwand von 94.000 Euro sah Rätz für die sozialpädagogische Familienhilfe. In anderen Haushaltsgruppen sind ebenfalls höhere Aufwände zu konstatieren: So steigen die Kosten für Kindertageseinrichtungen und Tagespflege um 191.000 Euro – unter anderem aufgrund der Zunahme von Kindern und der dafür notwendigen Tagespflegepersonen. Da aufgrund der Wohngeldreform mehr Menschen das Recht auf Übernahme von Elternbeiträgen in den Kindertagesstätten haben, rechnet das Jugendamt hier mit 33.000 Euro Mehrbedarf. „Wir hoffen auch, dass die Zahl der Inobhutnahmen nicht weiter steigt“, sagte der Jugendamtsleiter, aber Prognosen für den weiteren Jahresverlauf seien nicht möglich. Rätz stellte dem Gremium zahlreiche weitere Veränderungen in den einzelnen Haushaltspositionen vor, wobei in mehreren Posten auch geringere Ausgaben zu verzeichnen sind. Der Jugendhilfeausschuss beschloss die Empfehlung an den Kreistag ohne Diskussion einstimmig, denn auch dem Gremium war klar, dass der höhere Zuschussbedarf unvermeidlich ist.

Zu den Mehrausgaben gehört auch eine Summe von 75.000 Euro für den Aufbau einer Beratungsstelle bei sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen, die der Ausschuss einstimmig befürwortete. Diese Summe ist für das zweite Halbjahr 2023 geplant, im kommenden Jahr wären rund 150.000 Euro in den Haushalt einzustellen. Der Hintergrund: Der Jugendhilfeausschuss hatte die Jugendhilfeplanung im Mai 2022 beauftragt, Konzepte für eine solche Beratungsstelle einzuholen und Sondierungsgespräche mit geeigneten Trägern zu führen. Mittlerweile liegen dem Jugendamtsleiter zufolge drei Entwürfe vor. Der beratende und begleitende Ausschuss der Jugendhilfeplanung (BBA JHP) habe hierfür Bewertungskriterien zusammengetragen und die Verwaltung beauftragt, diese zu gewichten, anzuwenden und dem Jugendhilfeausschuss einen Beschlussvorschlag vorzulegen. Aufgrund der steigenden Fallzahlen sehe man es als dringend notwendig an, ein solches Angebot für den Landkreis zu schaffen, so Rätz, der dem Ausschuss die zeitnahe Umsetzung des Angebots empfahl. „Je mehr wir für das Thema sensibilisieren, desto schwerer machen wir es Tätern, aktiv zu werden“, argumentierte Rätz. Täter suchten sich ein möglichst leichtes Umfeld und je aufmerksamer Fachkräfte seien, desto schwerer sei sexueller Missbrauch möglich. Die Beratungsstelle solle deshalb auch Fachkräften helfen und spezielle Ansprechpartner*innen bereitstellen, sagte er. Volle Unterstützung für dieses Vorhaben signalisierte auch Landrat Jens Marco Scherf. Aus dem Gremium wurde angeregt, die Beratungsstelle solle auch die Eltern von Schulen und Kitas in ihre Arbeit einbeziehen.

Wie der Jugendamtsleiter weitersagte, habe sich der beratende und begleitende Ausschuss der Jugendhilfeplanung in seiner jährlichen Klausurtagung unter anderem mit dem Schwerpunkthema „Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ befasst. Dieser sieht vor, dass jedes Schulkind ab 2026 einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung hat. Allerdings, so Rätz, gebe es hierfür vom Bund noch keine konkreten Hinweise zur Ausgestaltung. Dennoch gelte es für das Jugendamt, dranzubleiben, denn dabei handele es sich um ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema. Das Schwerpunktthema werde man deshalb bis einschließlich 2025 beibehalten – etwa mit der Bestandserhebung, der Informationen aller beteiligten Akteure, der Beratung der Kommunen bei der Umsetzung vor Ort und der Förderung des Zusammenwirkens relevanter Akteure. Landrat Jens Marco Scherf glaubt an eine schwierige Umsetzung dieses Rechtsanspruchs, sollte man an starren formalen Standards festhalten – etwa, was die Qualifikation der Fachkräfte betrifft.

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