Ja zu kostenfreier Stelle für Koordination kommunaler Entwicklungspolitik
Einstimmig hat der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales in seiner Sitzung am Montag, 4. März, Ja zur Einrichtung einer für den Landkreis kosten- und stellenplanneutralen Stelle zur „Koordination der kommunalen Entwicklungspolitik“ gesagt.
Laut Jürgen Jung, Manager der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Main4Eck und Sprecher der Kommunen im Fair-Trade-Landkreis Miltenberg, biete die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) arbeitende Service-Stelle für Kommunen in der Einen Welt (SKEW) über die Initiative „Engagement Global“ eine „Kommunale Förderung für Projekte und Ideen in der kommunalen Entwicklungspolitik“ an. In diesem Rahmen wurde bereits die Klimapartnerschaft zwischen dem Landkreis Miltenberg und dem District Njombe in Tansania begonnen und ein Handlungskonzept erstellt. Darauf aufbauend, soll die Förderung einer Personalstelle zur „Koordination der kommunalen Entwicklungspolitik“ im Landkreis beantragt werden. Die Stelle soll die Verankerung von Strukturen für langfristiges entwicklungspolitisches Engagement koordinieren und bestehende Aktivitäten weiter ausbauen. Weiter geht es um die Förderung von Projekten sowie die Ausweitung des entwicklungspolitischen Engagements. Die Stelle könnte beispielsweise bei der Vernetzung und Koordination der Akteure und Akteurinnen bei der Umsetzung der Agenda 2030 im Landkreis Miltenberg, der Partnerschaft mit Tansania und dem Fair-Trade Landkreis unterstützen. Dies würde Jung zufolge das bislang ehrenamtlich geleistete Engagement stark entlasten.
Das Gute daran: Dem Landkreis würden keine Kosten entstehen, die Stelle würde mit 90 Prozent gefordert und die restlichen zehn Prozent könnten etwa über ein LAG-Projekt finanziert werden. Der Landkreis müsste aber den Antrag stellen – aber nur, wenn die 100-Prozent-Finanzierung gewährleistet ist. Angesiedelt würde die Stelle im EHRE-Haus in Eschau, das von Juli 2024 an die neue Heimat der LAG Main4Eck sein wird. „Kostet uns nichts, bringt aber viel“, kommentierte Landrat Jens Marco Scherf, der Landkreis steuere nur administrative Tätigkeiten in geringem Umfang bei.
Viel Lob erntete Iryna Osanna, zuständig für das Projekt FAIR Mieten, für ihren Vortrag über den aktuellen Stand des vom Landkreis (90 Prozent) und der Caritas (zehn Prozent) finanzierten Projekts. Seit 2016 hilft FAIR Mieten bei der Vermittlung von „angemessenem Wohnraum“ sowie bei der Beratung und der Unterstützung von allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und sozialem Status, die sozialen Wohnraum benötigen. Die Stelleninhaberin vermittelt Kontakte zwischen Suchenden und Vermietern. Das sei angesichts des angespannten Wohnungsmarkts im Landkreis nicht einfach, gab Osanna Einblick in ihre Tätigkeiten. Sie berät aktuell 576 Wohnungssuchende (Bedarfsgemeinschaften), 191 Wohnungssuchende hätten sich 2023 neu registriert. 67 Prozent seien Nichtdeutsche, 33 Prozent Deutsche. Größte Gruppe seien Menschen im Alter mit 20 bis 39 Jahren (55,4 Prozent), gefolgt von den 39- bis 59-Jährigen (38,4 Prozent). 2023 habe man 34 Wohnungen an 90 Personen vermitteln können, sagte Osanna. Höhere Vermittlungserfolge wie in der Vergangenheit scheiterten an der hohen Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage, aber auch den geforderten Mietzinsen. Sie wünschte sich unter anderem ein höheres Wohnungsangebot an sozialem Wohnraum mit angemessenen Mieten und hoffte auf bessere Vernetzung und Kooperation mit Wohnbaugesellschaften und Wohnbaugenossenschaften. Die Caritas habe zwar einen guten Ruf und der helfe bei der Vermittlung, dennoch gebe es noch zu wenig Angebote, die FAIR Mieten erreichen. Heinrich Almritter, Geschäftsführer der Caritas im Landkreis, war die Klarstellung wichtig, dass FAIR Mieten allen sozial Schwachen zur Verfügung steht – deutschen ebenso wie nichtdeutschen Hilfesuchenden.
Nadja Schillikowski, Beauftragte für Menschen mit Behinderung im Landkreis, stellte das von ihr und Christina Jung (Fachstelle Altenhilfeplanung) entwickelte und mit Fachleuten aus Bauämtern, Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen, mit Menschen mit Behinderungen sowie Senioren- sowie Behindertenvertretungen im Landkreis umgesetzte Projekt „Ortsbegehungen zur Barrierefreiheit“ vor. Es sieht vor, dass Verantwortliche in den Kommunen gemeinsam mit Betroffenen Punkte identifizieren, die es in den jeweiligen Orten Menschen mit Behinderung erschweren, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das kann der fehlende oder unzureichende Zugang zu Einrichtungen für Rollstuhlfahrende sein, aber auch Straßenübergänge, die es Sehbehinderten unmöglich machen, die Grenze zwischen Gehweg und Fahrbahn zu erkennen. Ergebnis der Bemühungen ist ein dreiteiliges Dokumentenset zum praktischen Vorgehen und zur Dokumentation von Ortsbegehungen.
Dieses Set ist auf der Internetseite des Landkreises unter www.landkreis-miltenberg.de/Bildung,Soziales-Gesundheit/Inklusion.aspx herunterladbar. Schwachstellen gelte es zu beseitigen, sagte Schillikowski und verwies darauf, dass Menschen mit Behinderung das gleiche Recht auf Teilhabe haben wie jeder andere Mensch. Nur drei Prozent der Menschen hatten ihre Behinderung mit der Geburt, der Rest werde durch Krankheiten verursacht. Das zeige, dass es jeden und jede treffen könne, argumentierte Schillikowski. Sie verwies zudem auf das Inklusionsnetzwerk im Landkreis, das ständig größer werde und sich regelmäßig mit Themen rund um die Inklusion beschäftigt.