Gemeinsam gegen die Einsamkeit

Mit der Fachveranstaltung „Einsamkeit begegnen – in Einzelberatung, Begleitung und Gruppenbegleitung“ haben die Gesundheitsregionenplus von Landkreis und Stadt Aschaffenburg sowie Landkreis Miltenberg und die zugehörigen Gesundheitsämter ein Thema aufgegriffen, das aktueller ist denn je und den diesjährigen Präventionsschwerpunkt des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege darstellt.

Am Dienstag, 10. Oktober, fand eine Veranstaltung in der Stadt Aschaffenburg statt, eine weitere Veranstaltung folgte am Mittwoch, 25. Oktober, in der Erlenbacher Frankenhalle. Gemeinsam soll laut der Geschäftsleiterin der Gesundheitsregionplus Miltenberg, Alica Bachmann, ein Weg gefunden werden, um Einsamkeit begegnen zu können. Man suche gemeinsam Möglichkeiten, dagegen vorgehen zu können, sagte sie zu den rund 40 Fachkräften, die sich in Erlenbach eingefunden hatten.

Über Erkenntnisse aus der Telefonseelsorge berichtete Christiane Knobling beim Fachtag zum Thema Demenz. Foto: Winfried Zang

„Ein wichtiges Thema“, erkannte auch Landrat Jens Marco Scherf, denn wenn dauerhafte Einsamkeitsgefühle auftreten, könne das starke negative Auswirkungen haben. Viele kapselten sich ab, wusste er, dabei müsse es heißen: „Öffne Dich, suche Hilfe.“ Die Pandemie habe das Thema in den letzten Jahren noch verstärkt, stellte Scherf fest und dankte allen Gästen, dass sie sich Zeit für ein solch wichtiges Thema genommen haben.

Wenn jemand sich mit dem Thema Einsamkeit auskennt, dann ist das Christiane Knobling von der Telefon-Seelsorge Untermain. Sie berichtete aus dem Arbeitsalltag der kostenlosen, rund um die Uhr erreichbaren Telefonseelsorge. Niemand nenne dabei seinen Namen, erklärte sie, weder Anrufer:in noch Gesprächspartner:in, auch sehe man die Rufnummer nicht. Von den 12.136 Anrufen im Jahr 2022 hätten sich rund ein Drittel mit dem Thema Einsamkeit befasst, bei den vorwiegend von Jüngeren genutzten Chats seien es immerhin 22 Prozent, erzählte Knobling.

So einfach sei der Begriff Einsamkeit nicht zu fassen, sagte sie und definierte ihn als „subjektives Gefühl, bei dem die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen.“ Auch gebe es mehrere Arten von Einsamkeit – die emotionale, soziale und kulturelle Einsamkeit etwa. Wichtig sei die Abgrenzung von Einsamkeit zu chronischer Einsamkeit. Manche Menschen dagegen fühlten sich gut, wenn sie alleine sind.

Doch wie kann man erkennen, ob jemand einsam ist? Die Symptome sind vielfältig, wusste Knobling. Sie könnten von Müdigkeit, Reizbarkeit, Depression, Schlafproblemen und Gedanken an den Tod geprägt sein. Alle Altersgruppen und alle Geschlechter könnten einsam sein, sagte sie und berichtete von einer Vielzahl von Ursachen: Das könnten Lebensveränderungen und Lebenskrisen sein, mangelnde soziale und emotionale Unterstützung, Alleinlebende und Alleinerziehende seien betroffen, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, arme Menschen, aber auch Pflegende und Pflegebedürftige. Inhaftierte, Arbeitslose, Obdachlose, Menschen mit Behinderung und Menschen, die unsicher hinsichtlich ihrer Geschlechterrolle sind, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund seien vulnerable Gruppen, so Christiane Knobling.

Einsamkeit könne auch zu körperlichen Erkrankungen führen, verwies sie auf ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, erhöhtes Diabetes- und Demenz-Risiko – um nur einige wenige zu nennen. Die Psyche könne ebenfalls Schaden nehmen, berichtete sie aus ihrer Erfahrung und nannte Sorgen, Ängste, Nervosität, Stress, Depressionen, länger anhaltende Schlafstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Suchtmittelkonsum und Suizidgedanken. Man könne der Einsamkeit aber entgegenwirken, machte Knobling Mut: gute familiäre, soziale und nachbarschaftliche Beziehungen, ehrenamtliches Engagement, Haustiere, soziale Medien und auch der Glaube und die eigene Spiritualität könnten helfen.

Nach Knoblings Vortrag trafen sich die Gäste im „World Café“ in der Frankenhalle, wo sie an fünf Tischen im Wechsel verschiedene Themen unter Moderation von Leonie Neubeck, Tammy Duval, Natalie Aschenbrenner, Susanne Hembt und Christiane Knobling bearbeiteten. Dabei ging es um Einsamkeit im beruflichen Kontext, Einsamkeit im digitalen Kontext, Strategien und Ansätze im (Beratungs-) Gespräch, positive Aspekte der Einsamkeit sowie Handlungsmöglichkeiten zum Umgang mit Einsamkeit.

Die Diskussionen und Gespräche der Workshops konnten alle Teilnehmenden im Nachgang noch einmal Revue passieren lassen, als die Moderatorinnen der Tische im Plenum ihre Ergebnisse vorstellten. Christiane Knobling rundete die Veranstaltung mit Praxistipps und Handlungsempfehlungen ab, bevor Monika Gabel, Geschäftsstellenleiterin Landkreis und Stadt Aschaffenburg, die Gäste mit „Aktionskarten“ in den Feierabend entließ. Die vom Organisationsteam erstellen Aktionskarten sollen dazu beitragen, soziale Verbindungen zu fördern und das eigene Wohlbefinden zu stärken, indem Sie Anlässe bieten, um Zeit mit einem Menschen zu verbringen.

Beim sogenannten „World Café“ tauschten sich die Fachkräfte zu verschiedenen Aspekten des Themas „Einsamkeit“ aus. Foto: Winfried Zang

Eine Karte schlägt beispielsweise vor, sich auf eine Tasse Kaffee zu verabreden oder sich Zeit für einen gemeinsamen Spaziergang zu nehmen. Und es gibt auch unausgefüllte Karten, die selbst nach Belieben befüllt werden dürfen. Auch sind auf ihnen QR-Codes zu finden, die zu den Homepages der Gesundheitsregionen führen, auf denen in Kürze die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse bereitgestellt werden.

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